Interview mit Daniel Porep

Projektmanager im Team WFBB Arbeit – Fachkräfte und Qualifizierung im Bereich Brandenburger Fachkräftemonitoring 

Die Wirtschaftsförderung Land Brandenburg GmbH (WFBB) ist Ansprechpartner für Investoren, ansässige Unternehmen sowie technologieorientierte Existenzgründungen im Land Brandenburg und bietet Leistungen zur Wirtschafts- und Arbeitsförderung aus einer Hand. Das Team Fachkräfte und Qualifizierung um Projektleiter Daniel Porep unterstützt dabei Unternehmen speziell zur betrieblichen Fachkräftesicherung, reflektiert deren Rahmenbedingungen und berät in diesem Kontext konzeptionell, zu Förderprogrammen, Initiativen sowie Projekten. Hierzu erhebt sie auch Daten zum regionalen Arbeitsmarkt und bereitet diese für die Öffentlichkeit auf. Um die künftigen Kompetenzanforderungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) herauszuarbeiten, werden im Rahmen des Fachkräftemonitorings derzeit in einer Modellstudie Stellenanzeigen mit definierten Anforderungen an KI-Kompetenzen ausgewertet. Die Ergebnisse könnten perspektivisch die zielgerichtete Programmplanung der Weiterbildungsdienstleister vor Ort unterstützen.

Beim 12. Netzwerktreffen Bildungsmonitoring haben Sie mit Ihrer Kollegin Silke Bigalke ein aktuelles Vorhaben der Wirtschaftsförderung Brandenburg vorgestellt: eine Modellstudie zur KI-basierten Analyse von Kompetenzbedarfen in der Arbeit mit künstlicher Intelligenz. Welches Ziel verfolgen Sie mit dem Projekt und an welchem Punkt stehen Sie gerade?  

Das Vorhaben ist eingebettet in das Projekt „Zentrale Anlaufstelle Künstliche Intelligenz“ (ZAKI Brandenburg), das die Wirtschaftsförderung Land Brandenburg GmbH (WFBB) im Auftrag des Brandenburger Wirtschaftsministeriums umsetzt. Das Vorhaben hat die Zielstellung zu untersuchen, in welchem Umfang und welcher Art Kompetenzen mit Bezug zu künstlicher Intelligenz (KI-Kompetenzen) durch Unternehmen auf dem Berlin-Brandenburger Arbeitsmarkt nachgefragt werden. Die Untersuchung stellt ein innovatives Pilotvorhaben dar, in dem Grenzen und Möglichkeiten der Kompetenzanalyse auf Basis von Onlinestellenanzeigen erprobt werden. Neben der quantitativen Bedeutung von KI-Kompetenzen für den Arbeitsmarkt geht es dabei auch darum herauszufinden, welche konkreten Kompetenzen am stärksten durch Unternehmen nachgefragt werden.    

Welchen Nutzen erwarten Sie von der quantitativen Erfassung der Kompetenzanforderungen an Arbeitnehmer*innen mithilfe von KI für die Wirtschafts- und Arbeitsförderung?  

Die Aufbereitung der Kompetenzbedarfe soll zum einen eine Einschätzung erlauben, welche Bedeutung KI-bezogene Tätigkeiten aktuell für den Arbeitsmarkt der Regionen besitzen und zum anderen Eindrücke davon vermitteln, welche Kompetenzen in diesem Zusammenhang von besonderem Interesse sind. Hieraus sind Impulse für die Weiterbildungsberatung von Unternehmen sowie für die strategische Entwicklung von Bildungsdienstleistern denkbar. 

Welche technischen Rahmenbedingungen hat das Projekt und welche Quellen liegen den analysierten Daten zugrunde? 

Das Projekt basiert auf der Analyse von Online-Stellenanzeigen und beruht auf einer Datenbank mit entsprechenden Anzeigen sowie entsprechenden Auswertungen. In der Auswertung wird eine Vielzahl von Stellenanzeigen berücksichtigt und es erfolgt eine Abbildung von zwei Vergleichsjahren. 

Welche Herausforderungen liegen in der Quantifizierung von qualitativen Daten aus Stellenanzeigen in der benötigten Anzahl? Welche Lösungsansätze werden auf konzeptioneller und auf technischer Ebene entwickelt? 

Bei dem Projekt bestehen vielfältige Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund hat das Vorhaben auch einen Pilotcharakter und geht mit entsprechender Unsicherheit einher. Die inhaltlichen Herausforderungen beziehen sich auf die Auswertbarkeit der vielfältigen Informationen in den Stellenanzeigen. Nur wenn diese Informationen für statistische Auswertungen zugänglich sind, ist ein Umgang mit den Daten sinnvoll möglich. Aufgrund der großen Informationsdichte in den Stellenanzeigen und der Vielzahl an Stellen ist die Aufbereitung und Auswertung nur über darauf angepasste IT-Lösungen möglich. 

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie z.B. mit der Filterung von Hard und Soft Skills und der Klassifikation von Berufsfeldern? 

Das Vorhaben fokussiert auf Kompetenzen mit Bezug zu künstlicher Intelligenz. Eine zusätzliche Unterscheidung von Hard und Soft Skills ist nicht Bestandteil der Untersuchung. Dafür müssten die Kompetenzbedarfe der Unternehmen viel breiter analysiert werden. Hinsichtlich der KI-Kompetenzen besteht die größte Herausforderung darin, diese zunächst gegenüber anderen Kompetenzen abzugrenzen und in einem zweiten Schritt hinsichtlich ihrer Komplexität zu differenzieren. Für eine sinnvolle Auswertung ist es zudem notwendig, die auszuwertenden Stellen korrekt Berufsgruppen und Branchen zuzuordnen. 

Wie können die Ergebnisse der Studie dazu beitragen, den Fachkräftemangel in den Kommunen anzugehen? 

Fachkräftemangel ist immer eng mit einem Mangel an Kompetenzen verbunden, im Unterschied bspw. zu einem reinen Arbeitskräftemangel. Da diese von Menschen erworben werden müssen, braucht es (neben der demographischen Komponente) vor allem Bildungsräume, die es ihnen ermöglichen, ihre Potentiale zu erkennen und bedarfsorientiert zu entwickeln. Dabei obliegt es jedoch in erster Linie den Arbeitgebern, den Personalbedarf in qualitativer und quantitativer Hinsicht zu decken, um einen Fachkräftemangel zu verhindern oder zumindest abzumildern. Diese arbeiten hierzu bereits eng mit Bildungsträgern der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie den Hochschulen zusammen. Die Grundlagen legen aber auch schon Kitas und Schulen, und zwar nicht nur im Rahmen des Unterrichts, sondern auch der Ganztagsschulangebote, Schüler-AGs und ähnlichem. Darüber hinaus leisten auch Vereine, Träger kultureller wie politischer Bildung sowie natürlich die Familien einen erheblichen Beitrag zur ganzheitlichen Entfaltung eines Menschen und seiner Fähigkeiten.  

Sie alle brauchen Informationen darüber, was die Zukunft bringt, welche Tendenzen sich voraussichtlich abzeichnen und mit welchen traditionellen, aktuellen und ganz neuen Kompetenzen diese Zukunftsszenarien verbunden sind. Hier setzt das Kompetenzmonitoring an, es soll allen Beteiligten aufzeigen, welche Kompetenzen es (in welchem Umfang) braucht, um Fachkräftebedarfe nachhaltig zu decken. Die aktuelle KI-Studie soll dies in einem kleineren Rahmen exemplarisch erproben. 

Welche Rolle könnten die Ergebnisse dieses Projekts bei der Programmplanung der Weiterbildungsträger vor Ort spielen? Wie lassen sich die herausgefilterten Kompetenzen in Curricula übertragen und nutzbar machen? 

Mit Hilfe des Kompetenzmonitorings werden zunächst einmal Schlagworte generiert, die nicht immer eindeutig sind und je nach Handlungskontext ganz unterschiedliche (formale) Curricula oder informelle Lernformate erfordern, um sie bedarfsorientiert zu vermitteln. Es macht beispielsweise einen Unterschied, ob jemand eine bestimmte Software als Fachkraft lediglich anwenden oder ob sie ein IT-Ingenieur oder Ingenieurin auch selbst (um-)programmieren können muss. Das ist eine große Herausforderung für die Programmplanung der Bildungsträger. Es braucht daher innovative Dialogformate zwischen Arbeitgebern, Bildungsträgern, kommunalen wie überregionalen Akteuren der Arbeits- und Wirtschaftsförderung und vor allem mit den Fachkräften selbst. Derzeit gibt es noch keine etablierten Formate für eine auf Zukunftskompetenzen basierte Bildungs- und Programmplanung, wohl aber innovative Ansätze, in denen diese Dialogprozesse erprobt wurden. Diese gilt es auf Basis des aktuellen Projektes zu den KI-Kompetenzen auch in Brandenburg zu testen und angepasst an unsere Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln.  

Welche Anknüpfungspunkte für Kommunen sehen Sie? Welche Rolle könnten das kommunale Bildungsmanagement und das kommunale Bildungsmonitoring aus Ihrer Sicht einnehmen? 

Auf wissenschaftlicher Ebene und im internationalen Kontext gibt es bereits erste Ansätze, wie das Kompetenzmonitoring die notwendigen Informationen bereitstellt, um Curricula adäquat und kontinuierlich anzupassen. Soweit zur Theorie. Um diese Ansätze praxistauglich zu machen, muss es vor Ort bei den Akteuren „ankommen“, die tatsächlich Einfluss auf die Kompetenzentwicklung und damit auf die individuelle Potentialentfaltung des Einzelnen nehmen. Das fängt bereits bei der frühkindlichen Bildung an und betrifft nicht nur im engeren Sinne Fachkompetenzen, sondern sämtliche Fähigkeiten eines Menschen. Resilienz beispielsweise mag zwar medial derzeit ein Modewort sein, ist aber angesichts hoher psychischer und auch körperlicher Erkrankungen eine wichtige Kompetenz, die jeder für sich entwickeln muss. Hier sind also alle lokalen Akteure aufgerufen, in einem ganzheitlichen Sinne zu reflektieren, über welche Kompetenzentwicklungs-Räume eine Kommune verfügt und welche sie sich (bspw. digital) erschließen kann, um den Menschen vor Ort zu helfen, ihr Potential zukunftsgerecht zu entwickeln. 

Das kommunale Bildungsmanagement ist regional bereits gut vernetzt, hier fließen wertvolle Informationen zusammen, die gebraucht werden, um bildungspolitische Entscheidungen zu treffen. Nicht zuletzt mit Instrumenten wie dem Bildungsmonitoring werden Rahmenbedingungen vor Ort identifiziert und Transparenz über die IST-Situation hergestellt. Das Kompetenzmonitoring könnte diesen Instrumentenkasten um die SOLL-Dimension erweitern und den Menschen vor Ort einen größeren Nutzen bei der ganzheitlichen Fachkräftesicherung bieten. Das Team Fachkräfte & Qualifizierung der Wirtschaftsförderung des Landes Brandenburg steht daher allen interessierten Akteuren gern unterstützend zur Seite, um diese Herausforderung für unsere Zukunft zu bewältigen.  

Vielen Dank!

 

 

 

Daniel Porep, Wirtschaftsförderung Brandenburg, Netzwerktreffen Bildungsmonitoring

Projektmanager Daniel Porep von der Wirtschaftsförderung Brandenburg beim Netzwerktreffen 2023 im Seminarhotel Paulinenhof in Bad Belzig.